Die "Helfer-vor-Ort"
Vor nunmehr 30 Jahren stand die Frage: "Was bietet man jungen Menschen an, die in einer Hilfsorganisation tätig werden wollen". So wurde im Jahr 1994 die Schnelleinsatzgruppe in Zusammenarbeit mit den Schwäbisch Haller Kameraden gegründet. Es hatten nur vier Kräfte einen DME (Digitalmeldeempfänger, kurz: Piepser), der Rest wurde per Telefonkette (nach)alarmiert. Im ersten Jahr wurden 4 Einsätze abgearbeitet. Im September 1994 begann in Unterschleißheim bei München das Pilotprojekt "First Responder" bei der Feuerwehr, befristet auf ein Jahr. Dieses Projekt in München sollte wegweisend für viele Gruppierungen in Deutschland werden. Es erfolgte am 25.05.1997 die offizielle Antragstellung der Bereitschaft Mainhardt an den Kreisverband zur Einführung eines "Helfer-vor-Ort"-Systems. Dieses war der erste Schritt auf einem langen steinigen Weg. Am 18.05.2000 erreichte die Bereitschaft Mainhardt ein Schreiben des Kreisverbandes: "Wir teilen Ihnen mit, dass die Bereitschaft Mainhardt ab sofort bei jedem Notfalleinsatz im Gemeindegebiet Mainhardt angefordert wird". Bis zu diesem 18. Mai hatte die Bereitschaft Mainhardt von 1994 ab insgesamt 73 Einsätze in der Gemeinde bewältigt. Wir haben diese damals als "Primäreinsätze" bezeichnet. Die Einsätze erfolgten als Schnelleinsatzgruppe auf Alarmierung durch die Rettungsleitstelle in eigener Verantwortung des Disponenten...! Was sind nun "Helfer-vor-Ort" oder "First Responder"? Vom Notruf bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes verstreichen wertvolle Minuten. Diese Zeit, "Therapiefreies Intervall" genannt, versucht ein Helfer-vor-Ort zu verkürzen. Bei einem Kreislaufstillstand nimmt unser Gehirn nach ca. 3-5 Minuten Schaden, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ähnliches gilt für die Defibrillation bei Kammerflimmern, einer Form des Kreislaufstillstandes. Hier fällt die Fähigkeit des Herzens, nach der Defibrillation wieder geordnet zu schlagen, um ca. 10% pro Minute.
Ein HvO-System zählt nicht zur gesetzlichen Hilfsfrist, ist freiwillig und kann nicht rechtlich eingefordert werden
In Mainhardt werden die HvO folgendermaßen alarmiert: - Alarm immer für alle HvO-Kräfte über DME und SMS-Alarm ! - Alarm immer bei Notarzteinsätzen im Gemeindegebiet - Alarm immer bei Verkehrsunfällen - Alarm immer, wenn kein RTW zur Verfügung steht, um die "einsatzbedingte Wartezeit" zu überbrücken. Die HvO werden normalerweise nicht alarmiert, wenn "nur" ein RTW benötigt wird, ob mit Sondersignal oder ohne, wenn ein Hausarzt vor Ort ist oder zur Notfallversorgung im Alten- und Pflegeheim. Aus über 20 Jahren HvO-Tätigkeit lässt sich allerdings feststellen, dass sowohl bei "Hausarzt vor Ort" oder "Notfall Alten- und Pflegeheim" trotzdem immer wieder alarmiert wird. Auch bestimmt die Leitstelle, ob sie uns trotzdem dazu alarmieren will.
Einsatzaufkommen, Einsatzarten: Hier sind alle Einsätze aufgeführt, die seit dem Jahr 2000 geleistet wurden, einschließlich SEG-Einsätzen, Einsatz des ELW und seit 2010 auch die sogenannten XXL-Einsätze (schwer übergewichtige Menschen). Jahr 2000 mit 71 Einsätzen Jahr 2001 mit 74 Einsätzen Jahr 2002 mit 75 Einsätzen Jahr 2003 mit 69 Einsätzen Jahr 2004 mit 77 Einsätzen Jahr 2005 mit 104 Einsätzen Jahr 2006 mit 84 Einsätzen Jahr 2007 mit 99 Einsätzen Jahr 2008 mit 93 Einsätzen Jahr 2009 mit 98 Einsätzen Jahr 2010 mit 121 Einsätzen Jahr 2011 mit 113 Einsätzen Jahr 2012 mit 152 Einsätzen Jahr 2013 mit 145 Einsätzen Jahr 2014 mit 144 Einsätzen Jahr 2015 mit 155 Einsätzen Jahr 2016 mit 170 Einsätzen Jahr 2017 mit 152 Einsätzen Jahr 2018 mit 183 Einsätzen Jahr 2019 mit 191 Einsätzen Jahr 2020 mit 137 Einsätzen Jahr 2021 mit 196 Einsätzen Jahr 2022 mit 188 Einsätzen Jahr 2023 mit 188 Einsätzen
Über die Jahre kann man sagen, dass Internistische Einsatzarten wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Kreislaufprobleme, Atemnot,... mit 62% die Hauptaufgabe eines HvO-Systems darstellen. Dies ist aber üblich für den gesamten Rettungsdienst in der Bundesrepublik Deutschland. Verkehrsunfälle machen ca. 13% aus und sind in unserer Gemeinde durchaus heftig, vor allem hatten wir kein Jahr bis heute ohne Motorradunfälle. Durchschnittlich haben wir mittlerweile 119 Einsätze im Jahr (9,9 im Monat), der Rekord lag bei 191 Einsätze/Jahr bzw. 5/Tag
Wie funktioniert nun das Mainhardter HvO-Modell ? Wenn ein Alarm auf der Integrierten Leitstelle(ILS) in Schwäbisch Hall aufläuft, werden die entsprechenden Rettungsfahrzeuge bzw. die Feuerwehr und die HvO-Kräfte per DME alarmiert. Die HvO-Kräfte eilen zur Unterkunft und besetzen den Yeti, komplett ausgestattet zur Notfallversorgung, und fahren mit Sonderechten zum Einsatzort. Im Bedarfsfall (Verkehrsunfall/Brand/Paralleleinsatz) wird mit weiteren Fahrzeugen abgerückt. Die HvO-Kräfte, die nicht mehr benötigt werden, fahren wieder nach Hause bis zum nächsten Mal. HvO-Kräfte, die direkt im Teilort wohnen, begeben sich mit Privat-PKW und Notfalltasche auch direkt zum Notfallort. Dieses System gewährleistet eine Kommunikation mit der ILS und führt dazu, dass immer jemand als HvO zur Verfügung steht.
Qualifikationen Derzeit verfügen die HvO-Kräfte über folgende Ausbildungen: Notfallsanitäter(NFS), Rettungssanitäter(RS) (teilweise in Ausbildung zum NFS), Rettungshelfer(RH) und Sanitäter Durch die Notfallsanitäter können und werden durchaus erweiterte Maßnahmen ergriffen. Hierunter fällt das Legen von venösen Zugängen und die Gabe von Infusionen, die Intubation und, wenn auch sehr selten, die Gabe von Medikamenten. Die Anwendung des Larynxtubus und/oder der Larynxmaske und die Defibrillation wird von allen Einsatzkräften bei Bedarf durchgeführt. |